Vom Bauernhofkind zum Energiewende-Experten: Claus Hartmann über Wandel, Mut & neue Perspektiven

In diesem Artikel erfahrt ihr:

  • Meinen persönlichen Weg zum Energiewendeexperten
  • Warum ich gerne mit Stadtwerken zusammenarbeite und was ich mit diesen mache
  • Wie mein Schwerpunkt sich in der Praxis verändert hat
  • Persönliche Ansätze zur Energiewende

 

Inhalt:

  1. Ein persönlicher Weg in den Wandel
  2. Professor, Berater, Brückenbauer für den Wandel
  3. Stadtwerke: Unterschätzte Innovationsmotoren
  4. Wandel beginnt mit Klarheit
  5. Der Wandel meines Schwerpunktes: Technik, Wirtschftlichkeit – und Psychologie
  6. Mutige Projekte statt bequemer Routine
  7. Energie ist mehr als Strom
  8. Ein Blick nach Vorn
  9. Podcast Tipp

 

Podcast „Energie im Wandel“ hören: 🎧 Hier geht’s zur Folge „Vom Bauernhofkind zum Energiewende-Profi“


Ein persönlicher Weg in den Wandel

Es gibt Lebenswege, die von Anfang an klar wirken – und es gibt Wege, die sich Schritt für Schritt, mit Neugier und Mut, entfalten.
Mein Weg in die Energiewende gehört definitiv zur zweiten Kategorie.

Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden. Natur, harte Arbeit, Gemeinschaft – das war mein Alltag. Aber gleichzeitig wusste ich: Irgendwann will ich raus in die große Welt. Neues sehen, Neues lernen. Also studierte ich Wirtschaftsingenieurwesen – damals noch ohne direkten Bezug zu erneuerbaren Energien. Doch ein Moment im Sommer 2006 veränderte alles: Ich entdeckte einen neuen Masterstudiengang namens Nachhaltige Energietechnik und Energiewirtschaft.

Das war der Moment, in dem das Thema Erneuerbare Energien Einzug in mein Leben hielt – und blieb.

„Und mich hat das voll gepackt. Ich fand das Thema cool deswegen. Seit 2006 beschäftige ich mich mit dem Thema Energiewende.“


Professor, Berater, Brückenbauer für den Wandel

Heute bin ich Professor für nachhaltige Energieversorgung an der Hochschule Flensburg und begleite Studierende dabei, die Energiewende nicht nur zu verstehen, sondern auch mitzugestalten.
Doch meine Arbeit bleibt nicht im Hörsaal. Als Berater bin ich deutschlandweit in Stadtwerken, Energieversorgungsunternehmen und energieintensiven Betrieben unterwegs. Meine Mission:
den Wandel als Chance begreifen – und ihn aktiv nutzen, um den Standort Deutschland zukunftsfähig zu machen.

Ich weiß: Die Energiewende ist komplex. Sie hat technische, wirtschaftliche und soziale Dimensionen. Und sie braucht Menschen, die das große Ganze sehen – ohne die praktischen Details zu vergessen.


Stadtwerke: unterschätzte Innovationsmotoren

Viele Stadtwerke wurden im 19. Jahrhundert gegründet. Damals waren sie echte Start-ups ihrer Zeit – mutig, innovativ, nah an den Menschen. Heute spüre ich oft, dass dieser Gründergeist im Alltag verloren gegangen ist. Strukturen sind gewachsen, Prozesse festgefahren, Risiken werden gescheut.

Gerade deshalb arbeite ich so gerne mit Stadtwerken. Sie sind für mich Hebelpunkte im nachhaltigen Wandel: lokal verankert, technisch versiert und nah an den Bedürfnissen ihrer Kundschaft. Aber sie müssen lernen, sich neu zu erfinden.

„[Ich] helfe ihnen dabei, das Thema Energiewende nicht als Problem wahrzunehmen, sondern eher als Chance[…].“


Wandel beginnt mit Klarheit

Mein bevorzugtes Werkzeug für echten Wandel ist der Strategie-Workshop.
An einem intensiven Tag – idealerweise außerhalb des Unternehmens, mit freiem Blick und Abstand vom Tagesgeschäft – erarbeiten wir gemeinsam eine klare Ausrichtung für die nächsten Jahre.

Dieser Tag ist nicht isoliert. Im Vorfeld spreche ich mit allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern einzeln, höre zu, sammele Perspektiven, verstehe Ängste und Wünsche. So entsteht ein fundiertes Bild, das uns erlaubt, am Workshoptag wirklich vorwärtszukommen.

Ziel ist, nicht nur kurzfristige Aktionen zu planen, sondern einen Weg, der drei, fünf oder sogar zehn Jahre trägt. Denn:

„Denn sind wir ehrlich, die Energiewende ist etwas, was nicht als Sprint funktioniert. Das ist halt mehr so ein Mittelstreckenlauf, fast eher so ein Marathon[…].“


Der Wandel meines Schwerpunkts: Technik, Wirtschaftlichkeit – und Psychologie

Meine Arbeit hat sich in den letzten Jahren verändert. Anfangs lag mein Schwerpunkt stärker auf technischen Lösungen: Anlagen, Wirkungsgrade, Effizienz. Dann kamen wirtschaftliche Aspekte hinzu: Geschäftsmodelle, Marktstrategien, Investitionsentscheidungen.

Heute beschäftige ich mich zunehmend mit der Psychologie von Veränderung. Denn am Ende sind es nicht Maschinen oder Gesetze, die Wandel umsetzen – sondern Menschen.
Was treibt sie an? Was blockiert sie? Wie k
önnen sie Ängste in Motivation verwandeln?

Ich sehe meine Rolle oft darin, nicht nur Prozesse zu moderieren, sondern Energie in den Raum zu bringen. Diese Energie hilft, Entscheidungen zu treffen, die zuvor vielleicht undenkbar schienen.


Mutige Projekte statt bequemer Routine

Veränderung kann unbequem sein – für Einzelne wie für ganze Organisationen. Ich habe das selbst erlebt. In meiner Zeit bei den Stadtwerken Flensburg durfte ich das erste Projekt in Deutschland umsetzen, das überschüssigen Strom in Wärme umwandelte. Technisch sinnvoll, wirtschaftlich zukunftsweisend – aber für viele im Unternehmen erst einmal ein Schock.

Das zeigt: Innovation ist nicht nur eine Frage der Technik, sondern auch des Muts, Gewohntes zu hinterfragen.


Energie ist mehr als Strom

Energie ist für mich nicht nur eine technische Größe in Kilowattstunden. Sie ist auch eine persönliche Ressource.
Ich achte darauf, mein eigenes Energielevel hochzuhalten – durch Sport, ausgewogene Ernährung und bewusste Pausen. Denn nur wenn ich selbst mit voller Kraft im Raum stehe, kann ich auch andere in Bewegung bringen.

Dieses Verständnis von Energie – technisch und menschlich – prägt meine Arbeit. Es ist die Basis dafür, dass Veränderung nicht nur geplant, sondern auch umgesetzt wird.


Ein Blick nach vorn

Wir werden die Energiewende in Deutschland nicht über Nacht vollenden. Wahrscheinlich werden wir erst 2045 oder 2050 das Ziel erreichen. Aber genau deshalb ist es so wichtig, jetzt die Weichen richtig zu stellen.

Das heißt für mich:

  • Strategisch denken statt hektisch reagieren
  • Mutige Entscheidungen treffen, auch wenn sie unbequem sind
  • Menschen mitnehmen, statt sie zu überfahren

Ich bin überzeugt: Wenn wir den Wandel als Chance begreifen, können wir nicht nur unsere Energieversorgung, sondern auch unsere Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig gestalten.


Podcast-Tipp

In der vollständigen Podcast-Folge erzähle ich ausführlich, wie mein Weg verlaufen ist, welche Hürden und Erfolge ich erlebt habe und warum Stadtwerke für mich die unterschätzten Helden der Energiewende sind.

🎧 Jetzt Folge „Vom Bauernhofkind zum Energiewende-Profi“ anhören