Wir müssen jetzt handeln, um bessere Lebensbedingungen für kommende Generationen zu schaffen
Mir wird ganz anders, während ich diese Worte schreibe. Auch wenn ich mir durchaus bewusst bin, wie ernst und dramatisch die Lage ist, fällt es mir schwer, mir die Zukunft vorzustellen. In was für einer Welt unsere Kinder und Enkelkinder leben werden. Noch haben wir die Chance, die Bedingungen lebenswert zu gestalten. Noch können wir durch entschiedenes Handeln jenes Szenario verhindern, auf das wir geradewegs zufahren.
Für meine neueste Podcast-Folge spreche ich mit der wunderbaren Ingrid Nestle. Als Mitglied im Deutschen Bundestag und Sprecherin für Klimaschutz und Energie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen liegt ihr der Einsatz für die Energiewende quasi im Blut. Während unseres Gesprächs findet sie deutliche Worte über die Klimakrise und unsere Verantwortung für die beängstigende Situation.
Uns steht eine disruptive Veränderung bevor
Ingrid findet deutliche Worte. Ich spüre förmlich, wie viel ihr daran liegt, unsere Zuhörer wachzurütteln. Mit klaren und präzisen Aussagen den Ernst der Lage auf den Punkt zu bringen. Sie erzählt mir, dass sie bereits als Teenager verstanden hat, wie sich unser Klima verändern wird. Dass sie sich bereits als Jugendliche geschworen hat, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um unseren Planeten zu retten. Um die Welt, wie wir sie kennen, am Leben zu erhalten.
Denn eines ist ihr völlig klar. Unser Klima wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nicht „ein bisschen schlechter“. Alles, was wir heute kennen, wird hinweggefegt. Aus diesem Grund spricht sie von einer disruptiven Veränderung. Natürlich hat Ingrid nicht nur mit drastischen Formulierungen um sich geworfen. Sie hat gezielte Forderungen, sowohl an die Politik als auch an die Bevölkerung. Die Politik ist dafür zuständig, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Wir als Gesellschaft sind in der Pflicht, diese Rahmenbedingungen zu nutzen und die nötigen Maßnahmen umzusetzen.
Heizt das Gas nicht mehr zum Fenster raus
Eine der nötigen Maßnahmen ist das Nachrüsten der Dämmung alter und schlecht isolierter Häuser. Ein Haus, das über eine gute Dämmung verfügt, dienst selbst als Wärmespeicher. Ähnlich wie bei einer Fußbodenheizung sind kurzfristige Temperaturänderungen zwar schwierig. Insgesamt ist das Heizen jedoch effizienter, da die erzeugte Wärme nicht einfach verpufft.
Bei älteren oder mangelhaft isolierten Häusern hingegen wird das Gas wortwörtlich zum Fenster hinaus geheizt. Der natürliche Speicher des Hauses ist nicht existent, weil die Wärme sich ihren Weg nach draußen bahnen kann. Aus diesem Grund sieht Ingrid das Thema Dämmung der Häuser als eine elementare Aufgabe im Zuge der Steigerung der Energieeffizienz.
In diesem Zusammenhang hat sie uns noch einen Tipp gegeben, wie jeder einzelne nicht nur seinem Geldbeutel etwas Gutes tun kann, sondern auch seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Das permanente Lüften mit Fenstern auf Kipp trägt nicht zur Energieeffizienz bei. Deshalb empfiehlt Ingrid, auf Stoßlüften umzusteigen und die Fenster für einen Moment komplett zu öffnen.
Alternativen zum Auto attraktiver machen
Als überzeugte und passionierte Bahnfahrerin verzichtet Ingrid auf ein eigenes Auto. Die Kombination aus E-Bike und Bahn lässt sie selbst größere Distanzen ohne Anstrengung zurücklegen. Leider sind die Radwege in vielen Bereichen nur schlecht befahrbar. Und auch das Netz der Bahn ist verbesserungswürdig.
Deshalb setzt Ingrid als essentielle Maßnahmen in den kommenden Jahren auf den Ausbau der Radwege und des Bahnnetzes. Insbesondere in städtischen Gebieten ist es leicht, auf ein Auto zu verzichten.
Beim Thema Mobilität sind wir als Menschen stark involviert. Der Fortschritt dieses Bereichs hängt davon ab, inwieweit wir unser Verhalten verändern und bereit sind, neue Mittel zu nutzen. Leider ist der Wunsch den Menschen, bei Gewohntem zu bleiben und Veränderungen zu meiden, der Grund dafür, weshalb die Mobilität in Sachen Klimaschutz etwas hintenan hängt.
Die mangelnde Bereitschaft für Veränderungen und das Festhalten an gewohnten Praktiken zeigt sich nicht nur in Bezug auf den Klimaschutz. Ingrid spricht ganz offen mit mir über ihre Situation als berufstätige Mutter und die damit verbundenen Herausforderungen.
Es sollte normal sein, dass Väter sich Zeit für ihre Kinder nehmen
Als berufstätige Mutter stellt Ingrid sich jeden Tag aufs Neue dem Spagat zwischen Karriere und Familie. Um diese Herausforderung jedes Mal aufs Neue mit Erfolg meistern zu können, sind für Ingrid zwei Faktoren entscheidend: Die Voraussetzungen und das Verständnis vom Vorgesetzten und die Unterstützung vom Ehemann.
In einer Familie Bedarf es Abstimmung, Respekt und eine offene Kommunikation, um sich gegenseitig zu unterstützen. Ein Elternteil sollte sich dessen bewusst sein, dass die Familie bzw. die Kinder im Vordergrund stehen und nicht die Karriere.
Da nicht immer alles nach Plan laufen kann und es immer mal Ausnahmesituationen gibt, hilft es ungemein, wenn der Vorgesetzte Verständnis aufbringt. Ingrid berichtet als Beispiel von der Selbstverständlichkeit, mit der ihr Mann ihr Baby zum Stillen zu ihr ins Büro gebracht hat. Sie hat kurze Zeit nach der Geburt wieder angefangen zu arbeiten. Und es war ihr trotzdem möglich, ihr Baby weiter zu stillen.
Das Thema Elternzeit und Fokus auf die Kinder sollte nicht für Stirnrunzeln sorgen, wenn ein Vater darüber spricht. Und sie auch einfordert. Ich bin selber Vater und genieße es, für meine Kinder da zu sein.