Dezentrale Energie als Schlüssel: Was die neue Roland Berger Studie für die Energiewende bedeutet

Der Wandel beginnt vor Ort

Die Energiewirtschaft steckt mitten in der größten Transformation ihrer Geschichte. Zwischen Klimazielen, steigender Nachfrage, begrenzten Ressourcen und neuen Technologien wird klar: Die Zukunft der Energie ist nicht zentral, sondern dezentral. Wir brauchen mehr dezentrale Energielösungen.

In der aktuellen Folge meines Podcasts Energie im Wandel spreche ich über die neue Roland Berger Studie zu dezentralen Energielösungen – ein Papier, das mit großen Zahlen aufhorchen lässt und gleichzeitig eine spannende Vision für die Zukunft zeichnet.

Die Studie, die gemeinsam mit über 20 Partnerunternehmen wie Vonovia, Bosch, Lichtblick, Techem und 1,5° erstellt wurde, verspricht ein Einsparpotenzial von bis zu 255 Milliarden Euro für Deutschland – und das bis 2045. Doch was bedeutet das wirklich? Und wie realistisch ist diese Zahl?

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Die Roland Berger Studie: Zwischen Vision und Realität

255 Milliarden Euro – diese Zahl klingt nach einem Meilenstein. Doch ein genauer Blick zeigt: Sie bezieht sich auf einen Zeitraum von 20 Jahren. Geteilt durch zwei Jahrzehnte bleiben jährlich etwa 10 Milliarden Euro Einsparungen übrig – immer noch beeindruckend, aber deutlich greifbarer.

Wie ich in der Folge sage:

„Die erste Relativierung ist ja ehrlicherweise in dem Zeitraum 2025 bis 2045. Das heißt, wir sprechen über 20 Jahre. Ja, es ist immer noch eine große Zahl, aber wenn man das durcheinander dividiert, sieht man, okay, es sind dann eher so 10 Milliarden, die man pro Jahr einspart.“

Ein Großteil der genannten Summe entfällt zudem auf Investitionen in dezentrale Infrastrukturen – Photovoltaik, Wärmepumpen, Batteriespeicher, smarte Steuerungssysteme. Diese Investitionen müssen zunächst getätigt werden, bevor sie sich in Einsparungen verwandeln können.

Trotzdem ist die Studie ein wichtiges Signal: Sie zeigt, dass der Fokus auf Dezentralität und Flexibilität nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist.


Was sind dezentrale Energielösungen – und warum sind sie so wichtig?

Dezentrale Energielösungen sind Systeme, bei denen Energie dort erzeugt, gespeichert und genutzt wird, wo sie gebraucht wird – also vor Ort. Im Gegensatz zum klassischen, zentralen Energiesystem mit Großkraftwerken und überregionalen Netzen basieren dezentrale Systeme auf vielen kleinen, intelligent vernetzten Einheiten.

Dazu gehören:

  • Photovoltaikanlagen auf Dächern

  • Wärmepumpen und Klimasysteme

  • Batteriespeicher

  • Blockheizkraftwerke (BHKW)

  • E-Fahrzeuge mit bidirektionalem Laden

  • Energiemanagement-Systeme und Smart Grids

Diese Technologien sind längst marktreif. Das Potenzial entfaltet sich jedoch erst, wenn sie intelligent vernetzt und gesteuert werden – durch Algorithmen, Schnittstellen und Marktanreize, die Flexibilität belohnen.

Wie ich es im Podcast auf den Punkt bringe:

„Das sind im Grunde die Sachen, die wir größtenteils schon in verschiedenen Häusern verbaut haben, die aber dann clever zusammengebaut werden müssen.“


Der neue Akteur: Vom Prosumer zum Flexumer

Ein zentraler Begriff aus der Studie und dem Gespräch ist der des „Flexumers“ – eine Weiterentwicklung des bekannten „Prosumer“-Modells.

Während der Prosumer sowohl Energie produziert als auch konsumiert, geht der Flexumer einen Schritt weiter: Er reagiert aktiv auf Signale aus dem Energiesystem, passt Verbrauch und Einspeisung intelligent an und wird damit zu einem dynamischen Teil des Energiemarktes.

Ich sage dazu im Podcast:

„Der Flexumer nimmt diesen Aspekt mit rein, dass aus diesem Prosumer ja tatsächlich flexible Marktteilnehmer werden, die im richtigen Augenblick sich überlegen, Konsument zu sein, im richtigen Augenblick überlegen, Produzent zu sein – und dieses Spiel einfach spielen.“

Diese Flexibilität ist ein Schlüssel zur Stabilisierung der Stromnetze in Zeiten hoher Volatilität. Wenn Millionen von Haushalten, Wärmepumpen, Speichern und E-Autos automatisch auf Preissignale reagieren, wird das Gesamtsystem robuster und effizienter.


Wirtschaftliche Chancen und neue Wertschöpfung

Ein Aspekt, der in der Studie besonders positiv auffällt, ist das Potenzial für lokale Wertschöpfung und Arbeitsplätze.
Denn dezentrale Energielösungen bedeuten nicht nur technologische Innovation, sondern auch regionale Investitionen: in Installation, Wartung, digitale Infrastruktur und Energie-Communities.

Laut der Studie könnten dadurch bis zu 100.000 neue Arbeitsplätze entstehen – insbesondere in Handwerk, IT, Gebäudetechnik und Netzmanagement.

Das passt zur Einschätzung, die ich im Podcast teile:

„Dadurch, dass wir durch diese dezentralen Lösungen ja auch wieder neue Sachen, also Investitionen in Bewegung bringen, schaffen wir da ja auch wieder bis zu 100.000 neue Arbeitsplätze.“

Deutschland hat damit die Chance, eine führende Rolle im Bereich dezentraler Energietechnologien einzunehmen. Die Kombination aus technologischem Know-how, regulatorischer Erfahrung und gesellschaftlicher Akzeptanz kann zu einem echten Exportschlager werden.

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Herausforderungen auf dem Weg zu Dezentralen Energielösungen

Doch so überzeugend die Vision ist, sie bringt auch Herausforderungen mit sich:

  1. Technologische Komplexität:
    Die Integration vieler dezentraler Systeme erfordert ausgeklügelte Steuerung und Interoperabilität. Standardisierung ist hier entscheidend.

  2. Regulatorische Rahmenbedingungen:
    Viele Anreizsysteme sind noch auf zentrale Strukturen ausgelegt. Es braucht neue Marktmechanismen, die Flexibilität honorieren.

  3. Akzeptanz und Nutzerfreundlichkeit:
    Die Mehrheit der Verbraucher:innen will keine täglichen Entscheidungen über Energieflüsse treffen. Systeme müssen daher im Hintergrund automatisch funktionieren.

    Wie ich augenzwinkernd sage:

    „Ich glaube, bei den meisten Menschen muss es irgendwie im Hintergrund passieren. Das darf irgendwie automatisch gesteuert werden. Im Idealfall kriegen die das gar nicht mit.“

  4. Finanzierung und Anreize:
    Die Anfangsinvestitionen für Speicher, Wärmepumpen oder Smart-Home-Lösungen sind noch hoch. Förderprogramme und neue Geschäftsmodelle sind gefragt.


Die Rolle von Gaskraftwerken und Wasserstoff

Ein spannender Teil der Diskussion im Podcast widmet sich der Frage, ob Deutschland tatsächlich neue Gaskraftwerke braucht, wie von Teilen der Politik gefordert.
Die Roland Berger Studie zeigt hier eine gewisse Spannung: Während einige Stimmen auf Versorgungssicherheit pochen, sehen andere – wie etwa der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) – den Bedarf deutlich geringer.

Ich habe dazu eine klare Haltung:

„Ich glaube auch, dass wir die ganzen Gaskraftwerke in voller Kapazität nicht bräuchten, wenn wir das in der Studie beschriebene machen – sprich die dezentralen Lösungen aktivieren und die flexibel und clever einsetzen.“

Auch das Thema Wasserstoff wird kritisch beleuchtet. Zwar ist er ein unverzichtbarer Bestandteil für Industrie und Schwerlastverkehr, doch im Bereich Wärme und Stromerzeugung gibt es effizientere Alternativen.

Die Realität zeigt: Viele Elektrolyseure in Deutschland kämpfen aktuell mit technischen Problemen, während importierter Wasserstoff teuer bleibt.
Das führt zu kuriosen Situationen, wie ich im Podcast erzähle – mit einem Augenzwinkern:

„Es wäre eigentlich besser, wenn wir jedem 100 € in die Hand drücken und dem sagen: Fahr mal nach Hamburg zum Tanken, tankt aber lieber nicht bei uns.“


Flexibilität statt Fossilität: Das Energiesystem der Zukunft

Das Energiesystem der Zukunft ist kein monolithischer Block mehr, sondern ein dynamisches Netzwerk aus Millionen kleiner Knotenpunkte. Dezentrale Energielösungen, wie Photovoltaik, Speicher, E-Mobilität und Wärmepumpen verschmelzen zu einem digital vernetzten Energiesystem, das auf Daten, Flexibilität und lokaler Verantwortung basiert.

Statt starrer Grundlasten und zentraler Großkraftwerke werden wir intelligente, dezentrale Systeme erleben, die Strom, Wärme und Mobilität nahtlos miteinander verbinden.

Dieses Bild ist keine ferne Vision, sondern technisch und wirtschaftlich bereits machbar – wenn Politik, Netzbetreiber und Unternehmen die Rahmenbedingungen richtig setzen.


Fazit: Denzentrale Energielösungen sind kein Trend – sie ist die Zukunft

Die Roland Berger Studie hat einen wichtigen Nerv getroffen. Sie zeigt:
Dezentralität ist kein romantischer Wunsch, sondern eine strategische Notwendigkeit für eine stabile, effiziente und sozial verträgliche Energiewende.

Deutschland steht an einem Wendepunkt. Wenn wir die Chancen der dezentralen Systeme jetzt nutzen, können wir nicht nur Energie effizienter einsetzen, sondern auch Innovation, Beschäftigung und Unabhängigkeit fördern.

Wie ich es am Ende der Folge zusammenfasse:

„Ich glaube schon, dass wir ganz viele Elemente da drin haben werden, die in der Studie angesprochen werden … Ich finde, es gibt so viele Flexibilität gerade in diesem dezentralen Bereich, die so unfassbar niedrigschwellig sind und auch sehr günstig zu aktivieren.“

Die Energiewende gelingt nicht durch ein einzelnes Großprojekt – sondern durch Millionen kleiner, kluger Lösungen, die gemeinsam Großes bewirken.


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