Die Energiewende ist eine Menschenwende: Holk Schubert über Effizienz, Transparenz & den Faktor Mensch

Metadaten

  • Titel: Energiewende ist Menschenwende: Holk Schubert über Effizienz, Transparenz & den Faktor Mensch
  • Podcast: Energie im Wandel – Prof. Dr. Claus Hartmann
  • Gast: Holk Schubert, Standortleiter & Prokurist, BFE Energie und Umwelt GmbH
  • Schlagworte: Energiewende, Menschenwende, Energieeffizienz, Transparenz, Industrie, Mittelstand, Flexibilität, PPAs, Fördermittel

Einleitung

Die Energiewirtschaft steckt mitten in der größten Transformation ihrer Geschichte. Technologien wie Wärmepumpen, Photovoltaik, Power Purchase Agreements (PPAs) oder Sektorkopplung sind entscheidende Bausteine. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Die eigentliche Herausforderung ist nicht nur die Technik, sondern der Mensch.

Im Podcast Energie im Wandel hatte ich die Gelegenheit, mit Holk Schubert, Standortleiter und Prokurist der BFE Energie und Umwelt GmbH, darüber zu sprechen, wie Effizienz, Transparenz und vor allem der Faktor Mensch die Energiewende prägen.

👉 Hier geht es direkt zur Podcastfolge


Holk Schubert: Vom Recycling zur Energieberatung

Holk Schubert begann seine Karriere in der Verfahrenstechnik und Umwelttechnik, bevor er neun Jahre bei der Alba Group arbeitete. Dort trieb er zentrale Energiemanagement-Projekte voran. 2018 wechselte er zur BFE Energie und Umwelt GmbH, wo er heute den Berliner Standort leitet und seit 2021 auch Prokurist ist.

Was ihn angetrieben hat? Die Erkenntnis, dass er nicht einer von wenigen „Energie-Menschen“ in einem Recycling-Konzern sein wollte, sondern Teil einer Organisation, in der hunderte Expert:innen ausschließlich über Energie sprechen.


Der Faktor Mensch in der Energiewende

Energieeffizienz klingt oft nach Technik. Doch Holk Schubert betont:

„[…] Energiewende ist 80 % Mensch […].“

Diese Erkenntnis stammt auch aus seiner eigenen Führungskräfteentwicklung, in der er sich intensiv mit Psychologie und Persönlichkeitsmodellen auseinandersetzte. Unterschiedliche Menschen lassen sich eben nicht mit denselben Argumenten überzeugen:

  • Geschäftsführer:innen achten oft auf Amortisation und Kosten.
  • Techniker:innen fürchten Ausfälle oder Wartungsaufwand.
  • Energiemanager:innen wollen CO₂ sparen.
  • Controller:innen rechnen die Effekte bis ins Detail nach.

Die Kunst liegt darin, die richtigen Argumente für die jeweilige Zielgruppe zu wählen – und zwar empathisch, aber bestimmt.

Ich selbst habe diese Erfahrung ebenfalls gemacht und sage im Gespräch: „Die Energiewende ist eine Menschenwende.


Struktur vor Optimierung

Ein wiederkehrendes Thema im Interview ist der richtige Prozess. Holk Schubert beschreibt es klar:

  1. Struktur schaffen – Ziele und Rahmenbedingungen definieren.
  2. Transparenz herstellen – Messungen durchführen, Energieflüsse verstehen.
  3. Optimieren – konkrete Maßnahmen umsetzen.

Doch oft, so Schubert, neigen Unternehmen dazu, direkt bei Schritt 3 zu starten. Ein Beispiel: Große Investitionen in LED-Technik, obwohl Licht im Gesamtkontext nur 0,7 % des Energieverbrauchs ausmacht.

Sein Appell: Ohne Transparenz über die echten Verbräuche laufen Investitionen schnell ins Leere.


Praxisbeispiele aus Industrie und Mittelstand

Die Kunden von BFE sind vielfältig: von Marzipan- und Fruchtgummifabriken über Fischverarbeitung bis hin zu Stahlwerken. Spannend ist, dass sich die Herausforderungen oft ähneln:

  • Wärmebedarf in verschiedenen Temperaturniveaus
  • Druckluftsysteme
  • mechanische Antriebe
  • Abwärmenutzung

Schubert beschreibt es treffend:

„ Man geht an den Maschienen vorbei, spürt Abwärme, man hört es zischen. Man fragt zehn Fragen, sieht, wie die Leute reagieren, wie sie antworten. […] Und dann findet man schon relativ schnell heraus, auf welchem Niveau das Unternehmen dort produziert.“

Gerade im Mittelstand liegt enormes Potenzial brach. Viele Betriebe messen zu wenig, obwohl gerade diese Transparenz den größten Hebel bietet.


Flexibilität und Strompreise als Chance

Ein zentrales Thema ist die wachsende Bedeutung von Flexibilität. An der Strombörse entstehen immer häufiger negative Preise – 2024 bereits deutlich häufiger als im gesamten Vorjahr.

Unternehmen, die ihre Prozesse flexibel steuern können, profitieren enorm. Wartungsschichten, Batch-Prozesse oder Lastverschiebungen lassen sich gezielt in günstige Zeitfenster legen.

Das Prinzip ist simpel: Statt Energie teuer einzukaufen, nutzen Unternehmen Zeiten, in denen der Strompreis negativ ist – und zahlen damit faktisch nur die Netzentgelte.


Power Purchase Agreements (PPAs) – mehr als ein Trend

Viele Unternehmen beschäftigen sich mit langfristigen Stromlieferverträgen, den sogenannten PPAs. Sie sichern nicht nur Herkunftsnachweise für grünen Strom, sondern können auch steuerliche Vorteile oder Rückerstattungen ermöglichen.

Besonders interessant sind Post-EEG-Anlagen, also Wind- oder Solarkraftwerke, deren Förderung ausgelaufen ist. Mit ihnen lassen sich regionale PPAs realisieren, die Planbarkeit und Kostenvorteile vereinen.


Fördermittel – ein unterschätzter Hebel

Ein weiterer Baustein sind Förderprogramme. Laut Schubert gibt es zahlreiche ungenutzte Töpfe, die Unternehmen helfen könnten, ihre Transformation zu finanzieren. Doch vielen fehlt schlicht das Wissen oder die Zeit, sich damit auseinanderzusetzen.

Die BFE hat daher ein eigenes Team, das Förderanträge begleitet – ein klarer Mehrwert, da die Regularien komplex sind, der Nutzen aber enorm.


Lehren aus der Praxis: Umgang mit Widerständen

Neue Ideen stoßen selten sofort auf Begeisterung. Oft verlaufen Veränderungsprozesse in Phasen:

  1. Schock
  2. Abwehr
  3. (manchmal) Verspottung
  4. Ausprobieren
  5. Umsetzung

Ich selbst habe es so formuliert:

Alles, was wir hier haben, ist von Menschenhand geschaffen – und wir können es auch wieder ändern.

Das zeigt: Widerstände sind normal. Entscheidend ist, diese Phasen zu erkennen und beharrlich dranzubleiben.


Der Blick nach vorn

Holk Schubert betont, dass Wissen heute jederzeit verfügbar ist – sei es durch Fachliteratur, digitale Tools oder KI. Was jedoch fehlt, ist oft der Mut, dieses Wissen umzusetzen und Menschen auf dem Weg mitzunehmen.

Sein Appell an Studierende und Fachkräfte: Technik allein reicht nicht. Es braucht Empathie, Geduld und Überzeugungskraft, um die Energiewende wirklich voranzubringen.


Fazit

Die Energiewende entscheidet sich nicht nur an der Börse oder im Maschinenraum, sondern in den Köpfen der Menschen. Transparenz, Flexibilität und passende Argumente sind die Hebel, die Unternehmen nach vorne bringen.

Holk Schubert hat im Podcast eindrucksvoll gezeigt, dass die Kombination aus Technik und Mensch der Schlüssel zum Erfolg ist.

👉 Hier kannst du die komplette Podcastfolge anhören