Seit Jahren wird über potenzielle Maßnahmen für den Klimaschutz diskutiert. Um die ambitionierten Ziele auch einhalten zu können ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, um endlich in die Umsetzung zu kommen.
Die Theorie in die Praxis umsetzen. Das ist in vielen Bereichen oftmals ein kritischer Knackpunkt. Je größer der Zeitdruck, desto dringender die Not, zu handeln. Genau so ist es auch beim Klimawandel.
Zu diesem Thema habe ich Prof. Dr. Manfred Fischedick zu einem Podcast-Interview eingeladen. Er ist wissenschaftlicher Geschäftsführer vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie. Außerdem berät er bei politischen Entscheidungsprozessen auf Landesebene, Bundesebene und europäischer Ebene.
In seinen Augen muss beim Thema Energiewende weniger geredet und mehr gehandelt werden. Hier sieht er vor allem die politischen Entscheidungsträger in der Pflicht, endlich das Tempo aufzunehmen und Entscheidungsprozesse zu beschleunigen.
Worauf warten wir?
Der Klimawandel steht bereits seit Jahren vor der Tür. Viele Ideen, Maßnahmen und Entscheidungen wurden bereits festgehalten, aber der Transformationsprozess stockt gewaltig. Woran liegt das?
Wir brauchen momentan sechs Jahre, um einen Windpark genehmigen zu lassen. Diese langen Planungs- und Genehmigungszeiten sieht Manfred Fischedick als ein großes Problem in der Energiewende. Hier liegt seiner Meinung nach enormes Potenzial, die Umsetzung deutlich zu beschleunigen und beispielsweise die Verfahren zu vereinfachen.
Im Handwerk gibt es ähnliche Probleme mit dem Arbeitskräftemangel. Durch die geringen Kapazitäten der Handwerksunternehmen dauert es länger, größere und komplexere Energie-Projekte umzusetzen. Diese Jobs müssen für potenzielle Bewerber attraktiver gestaltet werden. Eine Ausbildungsoffensive ist hier dringend notwendig.
Wir müssen zusammenarbeiten
Die offenen Debatten über das Für und Wider von erneuerbaren Energien sind wichtig. Langsam bleibt uns aber keine Zeit mehr für diesen gesellschaftlichen und politischen Diskurs. Der Ausbau von erneuerbaren Energien ist gewiss kein neues Thema, in erster Linie muss hier die Intensität erhöht werden.
Manfred Fischedeck schlägt vor, die Gemeinden bei Investitionen von Windparks zu unterstützen und an den Gewinnen zu beteiligen. Vor allem bei den Stadtwerken und Energieversorgungsunternehmen müssen die entsprechenden Geschäftsfelder ausgebaut werden, damit diese in naher Zukunft Früchte tragen können. Alleine schaffen sie es allerdings nicht. Um die ehrgeizigen Ziele einhalten zu können, sind entsprechende Rahmenbedingungen notwendig.
Es liegt jetzt an uns, gemeinschaftlich den Mut zu fassen, die ein oder anderen kleinen individuellen Ziele zurückzustellen, um das große Ganze im Blick zu behalten: die Energiewende voranzutreiben.
Es liegt nicht an der Technik, sondern an den Menschen
„Wir müssen bereit sein, Veränderungen als Chancen wahrzunehmen“, sagt Manfred Fischedeck. Viele Maßnahmen haben neben dem Klimaschutz auch weitere Vorteile für die Gesellschaft. Wenn es zum Beispiel weniger Autos in den Städten gäbe, würde sich neben der Luftqualität auch die Wohnqualität und Sicherheit bei der Mobilität erhöhen.
Eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten ist ebenso ein wichtiger Faktor des Klimaschutzes. Bei der Fleischproduktion werden sehr viele Treibhausgase ausgestoßen. Bei geringerem Verzehr würden sich nicht nur die Emissionen reduzieren sondern es hätte auch positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit.
Zusätzlich bietet der Strukturwandel auch viel Potenzial, zukunftsorientierte und nachhaltige Beschäftigungsmöglichkeiten in der Region zu schaffen, wie zum Beispiel einen „Strukturwandel Manager“. Menschen sollten mit Transformationsskills ausgebildet werden, um damit Unternehmen bei Veränderungen unterstützen und ihnen ihre Ängste zu nehmen.
Was muss JETZT passieren, damit wir bis 2045 unsere Ziele schaffen?
Manfred Fischdeck betont immer wieder, dass dieses Jahrzehnt das Entscheidende für den Klimaschutz ist. Wir müssen jetzt:
– die Planungs- und Genehmigungsprozesse von erneuerbaren Energien 5-10x schneller durchlaufen
– mehr Menschen in den entscheidenden Behörden und Handwerksbetrieben anstellen
– die Potenziale der Energieeffizienz erhöhen
– die Infrastrukturen schaffen, die wir nach 2030 brauchen, z.B. Ausbau der Stromnetze
– mit mehr Transparenz und Ehrlichkeit kommunizieren
Was haben wir bisher schon erreicht?
Am Ende eines Interviews frage ich meine Gäste gerne, welche Schlagzeile sie zu ihrem Thema gerne in der Zeitung lesen würden. Manfred Fischedick war zunächst nicht allzu optimistisch, aber die Entwicklung der letzten fünf Jahre geben ihm Hoffnung.
Die Preisentwicklung bei den erneuerbaren Energien hat sich positiv entwickelt, z.B. kostet in Portugal Solarstrom ca. 1 Cent / kWH. Das öffnet viele Möglichkeiten, die Umstellungsprozesse zu realisieren.
Es gibt eine Vielzahl von Akteuren, die verstanden haben, dass Klimaschutz nicht nur in der Theorie existieren darf. Viele Unternehmen passen sich an, um klimaschonender oder gar klimaneutral zu arbeiten. Die Bereitschaft in die Umsetzung zu kommen ist heute viel größer als noch vor fünf Jahren. Jetzt ist es an der Zeit, aus der Bereitschaft in die Umsetzung zu kommen.